Ladeburg Geschichte und Geschichten aus vergangener Zeit

aufgeschrieben von Beate Thaute

Juni 2024 Folge 4:  

LadeburgTour – feuchtfröhlich vom Restaurant bis zur Kneipe

Sieben auf einen Streich oder nach dem Motto:
„Der alte Brauch wird nicht gebrochen, hier können Familien Kaffee kochen“

Auf dieser Zeitreise in die Vergangenheit wollen wir mit vielen historischen Details und Fotos die Erinnerung an das damalige Leben in Ladeburg lebendig halten.

Kastaniengarten vom Restaurant Wilhelm Schulze um 1907

LadeburgTour – feuchtfröhlich vom Restaurant bis zur Kneipe oder 7 auf einen Streich frei nach dem Motto:

„Der alte Brauch wird nicht gebrochen, hier können Familien Kaffee kochen“

Wenn die Aussage, „7 auf einen Streich“ sich doch recht märchenhaft anhört, wird es heutzutage kaum einer glauben, dass in Ladeburg einmal sieben Gaststätten vorhanden waren.

Aber der Reihe nach:

Neben dem Müller steht eines der ersten bezeugten Gewerbe in Ladeburg im engen Zusammenhang mit dem großen Durst der Bauern, denn bereits für 1375 wurde das Vorhandensein einer Krugwirtschaft dokumentiert. Die Dorfgemeinschaft, so klein und überschaubar sie auch war, konnte also immerhin einen eigenen Wirt ernähren,

der dem Landesherren 1451 ein halbes Schock Groschen Steuern zahlen musste.

Der erste namentlich genannte Krüger erscheint um 1600 in alten Dokumenten als Martin Benicke. Ihm folgten Christian Perlitz und achtzig Jahre später Hans Quitzow, der erste, der nicht nur Bier und Branntwein an die Einheimischen sowie Durchreisenden ausschenkte, sondern auch den Schmiedehammer schwang.

Nach Quitzow kam Josef Umbach und zu Beginn des 18.Jahrhunderts übernahm der Waffen- und Hufschmied Hans Jürgen Giese die Schankwirtschaft. Nach 1844 kam das Kruggut in den Besitz des Georg Gottlieb Puhlmann.

Schmiede und Schankwirtschaft passten also historisch schon gut zusammen.

Wilhelm Wendts Restaurant um 1900

Noch vor dem Zweiten Weltkrieg konnte man bei der „LadeburgTour“ gleich sieben Restaurants und Gaststätten besuchen.

Begonnen hätte die feuchtfröhliche Tour vor einhundert Jahren sicher auf dem Rollberg im „Café & Restaurant Sanssouci“. Hier konnte man idyllisch im Garten oder auf der Veranda sitzen und bei Erdbeertorte mit Schlagsahne dem spärlichen Verkehr zwischen Bernau und Lanke zuschauen. 

Inhaber dieses Cafés mit dem bedeutungsvollen Namen ´Sanssouci´, zu deutsch ´Ohne Sorge´, war Karl Müller.

Restaurant und Café „Sanssouci“, Inhaber Karl Müller

Ein paar Schritte weiter über die Straße befand sich das Gasthaus von Kurt Müller, später Regel, dann Albrecht. Hier konnte man nicht nur gut speisen, auch traf sich hier der Ladeburger Männergesangsverein „Teutonia e.V.“ zu den Gesangsproben.

Heute dient das Gasthaus Regel zu Wohnzwecken

Richtung Dorf tauchten die „Märkischen Winzerstuben“ auf, im zauberhaft angelegten Garten fühlten sich besonders die Berliner Ausflügler bei einem guten Glas Wein und einem kühlen Engelhardt-Bier wohl. Die Gäste fuhren auch schon einmal mit dem Automobil vor.

Märkische Winzerstuben um 1938, Inh. war die Familie Bahr

Schon in den 1890er Jahren konnte man im Gasthof von Emil Kitt einkehren, der später als „Zum alten Krug“ und Vereinslokal betrieben wurde. Auch hier gab es einen Garten und zusätzlich Fremdenzimmer.

Inhaber waren weiterhin Wilhelm Wendt, Adolf Krubsack bevor Otto Meinicke in den 1920er Jahren das Lokal übernahm.

Hier kam der Spruch 

„Der alte Brauch wird nicht gebrochen, hier können Familien Kaffee kochen.“ zum vollen Einsatz.

Wenn man mit Kind und Kegel in Ladeburg einkehren wollte, nahm man sich den Kaffee von zu Hause mit und bekam im Gasthof das kochende Wasser geliefert.

Nach 1945 wurden hier statt Bier Knöpfe verkauft und danach zog das LPG- Büro ein. 

Restaurant Adolf Krubsack um 1910, später Otto Meinicke

Um 1910 gab es an der Ecke Bernauer/Rüdnitzer Straße (zu jener Zeit hießen alle Straßen im Ort Dorfstraße) das Restaurant von Otto Ulm. Zuvor bewirtschaftete Heinrich Hübner das Lokal. Als um 1915 Johanna und Ernst Kessel das Haus mit Saal übernahmen, nannten sie es „Zur freien Aussicht“. 

Doch die nutzte ihnen nichts. Nach Schließung der Gaststätte Anfang der 1960er Jahre wurde das Gebäude, im Volksmund „Kessels Ecke“ genannt, zwar als Wohnraum genutzt, war aber dem Zerfall preisgegeben und wurde in den 1980er Jahren abgerissen.

Restaurant Otto Ulm um 1911

Ein paar Schritte weiter entstand Ende des 19.Jahrhunderts in der Rüdnitzer Straße das Restaurant von Wilhelm Schulze mit Fremdenzimmer. Im lauschigen  Kastaniengarten (siehe Foto oben) gab es große Feierlichkeiten, Tanz , Vereins- und Erntefeste.

Nach 1945 übernahm Minna Ückermann und ein gewisser Kuchenbäcker die Bedienung der Gäste. Danach wurde das sogenannte „Volkshaus“ vom Konsum betrieben und blieb bis 1990 die einzige Gaststätte mit immer wieder längeren Schließzeiten im Dorf. 

Nach der Wendezeit kaufte Familie Loßnitzer das Gebäude und lud zum gepflegten Restaurantbesuch ins umbenannte „Landhaus“ ein.

In den 2000er Jahren bekam das im Zentrum des Dorfes liegende „Landhaus“ wiederum einen neuen Besitzer und wurde nach Öffnung alsbald wieder für Gäste geschlossen.

Restaurant Wilhelm Schulze um 1908

Am Lanker Ende/Ecke Biesenthaler Weg befand sich das Restaurant von Otto Sommer mit moderner Spellmann-Kegelbahn. Eine großzügige Veranda, die zu manchem „Schwof“ einlud und die gepflegte Kegelbahn waren für viele Ladeburger ein Geheimtipp.

In den 1950er Jahren wurde die Kegelbahn abgerissen und das Gebäude dient heute, wie auch weitere oben genannte Gaststätten, zu Wohnzwecken.

Restaurant Otto Sommer um 1930

Um von Sanssouci zu Otto Sommer zum Kegeln zu gelangen, musste man schon etwas über zwei Kilometer durch Ladeburg schlendern.

1991 eröffnete Manfred Gosch in seinem Wohnhaus in der ´Straße an der Kirche´, dass einmal das Geschäft von Paul Böhme beherbergte, das kleine „Schultheiß-Eck“. 

Recht bald entwickelte sich das Lokal zum Mittagstisch vor Ort für viele Senioren und Firmen in naher Umgebung. Das gute „Essen auf Rädern“ sprach sich herum, bis zu 280 Portionen wurden über 25 Jahre in der dortigen Küche täglich gekocht. 

Geschäft von Paul Böhme in den 1930er Jahren

Im Kirschgarten entstand in den 1990er Jahren aus einem kleinen Getränkeladen eine Gastronomie mit Biergarten, betrieben von Gabriele Semeniuk. Familien und Vereine trafen sich gerne im „Kirschgarten“ zu kleineren Feierlichkeiten.

Heute befindet sich dort eine Physiotherapie.

Eine LadeburgTour 2024 wird es nicht geben, die „7 auf einen Streich“ sind nun wirklich eine märchenhafte Geschichte geworden.

Anmerkung:

Altes Zählmaß: 1 Schock = 60 Stück

Auszüge aus „Ladeburg – eine Zeitreise“, Petra Domke, Hrsg. Beate Thaute, Verlag Spree – PR, Berlin

Erzählungen Ladeburger Familien

Fotos: Privatsammlung Familie Dieter Thaute

Nächste Folge im Juli 2024